Ding HongYu: Lebe die Gesundheit
10.01.2017
Autor: Ding HongYu
Gebundene Ausgabe: 196 Seiten
Herausgeber: Alexander Callegari
Verlag: Liliom-Verlag
ISBN-10: 978-3-934785-76-2
Preis: 29,80 €
Ein Buch mit neuen Qigong-Übungen für ein langes Leben im Alter hat Prof. Ding HongYu verfasst. Ralf Jakob hat für uns hineingesehen und die Übungen ausprobiert.
Der engen Verbundenheit zwischen Alexander Callegari aus dem oberbayerischen Traunstein mit dem Altmeister Prof. Ding HongYu aus Nanjing (Nanking) haben wir dieses Buch zu verdanken. Prof. Ding, der sein gesamtes Berufsleben dem Sportunterricht, der Sportwissenschaft und -forschung an der Universität widmete, förderte und forcierte in den 90-er Jahren des letzten Jahrhunderts die Entwicklung des Qigong in Deutschland.
Er hielt Seminare für die Deutsche Qigong Gesellschaft und war an der Mettnau-Klinik am Bodensee ebenso aktiv wie für die Universität Oldenburg. In einer ARD-Sendung demonstrierte er einst das Wildgans-Qigong und stand 1993 „Modell“ für das Qigong-Poster der AOK mit den Brokatübungen des Daoyin Baoyang Gong.
Inzwischen ist Prof. Ding bereits 85 Jahre alt. Was liegt da näher, als sich nun mit Gesundheitsübungen für ältere Menschen zu befassen? Nach seinem ersten Buch 2012, das die völlig neuartigen Gesundheitsübungen mit Tellerdrehungen (Panzi Gong) beschrieb, erschien 2015 sein zweites Werk „Liebe die Gesundheit“ im Liliom-Verlag mit den von ihm entwickelten „Neuen Acht Brokaten“ und dem „Sehnen- und Knochen-Qigong“. Bereits diese Übungen sind speziell ausgerichtet für Senioren.
Seit Oktober 2016 ist nun die neueste Veröffentlichung mit dem Titel „Lebe die Gesundheit“ erhältlich. Wegen des nahezu identischen Titels der beiden Werke, die sich nur durch einen einzigen Buchstaben unterscheiden, ist äußerste Sorgfalt bei der Buchbestellung anzuraten!
Auch die Übungen in diesem Buch sind speziell für ältere Menschen für ein langes Leben konzipiert. Nach dem Motto „Leben braucht Bewegung“ (chinesisch „HuoDong“) werden 16 Übungen im Sitzen und 16 Übungen im Liegen präsentiert. Eingeleitet wird der Übungsteil mit 16 Vorbereitungs- und Aufwärmübungen, die den meisten Qigong-Übenden bereits in leicht abgewandelten Formen und Reihenfolgen bekannt sein dürften. Dabei geht es hauptsächlich um Selbstmassagen zur Aktivierung der Lebensenergie.
Alle Übungen sind gut und ausführlich bebildert mit Aufnahmen von Prof. Ding selbst. Die Bilder sind mit Pfeilen in schwarz und rot versehen, die die Bewegungsrichtungen anzeigen. Wenn man das Prinzip verstanden hat, sind die Übungen leicht nachvollziehbar. Da der Textteil sich sowohl mit chinesischen Schriftzeichen wie in Deutsch und Englisch präsentiert, reduzieren sich die Anweisungen auf das Wesentliche.
Leider bleiben dadurch wichtige Informationen wie zu der Geschwindigkeit der Ausführung oder der Zielrichtung der einzelnen Übung auf der Strecke. Die Autoren (neben Prof. Ding und den Übersetzern ist auch Callegari als Herausgeber daran beteiligt) bauen darauf, dass sich die Wirkung der einzelnen Übungen allen Übenden schon erschließt, wenn sie lange genug dabeibleiben. In unserem Kulturkreis möchten die meisten aber gerne zuvor wissen, warum und wieso die Übung so und nicht anders auszuführen ist. Da braucht es dann schon fundiertes Wissen in Meridianlehre und chinesischer Medizin, um den Nutzen der Übungen zu maximieren. Ansonsten könnten die Übungen wie eine lediglich gymnastische Übungsreihe erscheinen.
Obwohl die erste Übungsfolge im Sitzen ausgeführt wird, werden auch Rumpf und Beine aktiviert. Die Übungen sind keineswegs kompliziert und können sicherlich auch von hochbetagten Menschen ausgeführt werden. Die achte Übung „Das Bein heben und mit der Hand den Fuß schlagen“ ist wohl die Anspruchsvollste, kann aber abgewandelt werden, indem man nur das diagonal gegenüberliegende Knie zu berühren braucht. Hinterher werden sich die meisten frisch, fit und lebendig fühlen.
Da tut es dann sicher gut - wie vorgeschlagen - nach den Übungen fünf bis zehn Minuten die Augen zu schließen und in sich zu ruhen!
Die vorgestellte Übungsreihe im Sitzen kann gut für Übungsstunden mit älteren Menschen, gerade auch in Alters- und Pflegeheimen eingebaut werden. Derzeit für mich noch schwer vorstellbar ist der Einsatz der zweiten Übungsreihe im Liegen für diese Zielgruppe. Höchstens in Einzelarbeit scheint mir dies durchführbar. Wer sich nicht - wie Prof. Ding - 70 Jahre und mehr ausgiebig bewegt und sportlich betätigt hat, wird kaum Freude und Genuss daran haben, sich auf den Boden zu legen und dazu Körperübungen zu machen!
Ich habe zwar noch kein chinesisches Altersheim von innen gesehen, könnte mir aber vorstellen, dass man in China mehr Übung allein mit dem Sitzen auf dem Boden hat als bei uns.
Sehr hilfreich finde ich hingegen die theoretischen Ausführungen Prof. Dings über den Funktionskreis Niere und wie man im Alter seine Nieren optimal schützen kann. Da wird einerseits empfohlen Müdigkeit und Anstrengung zu vermeiden und andererseits auf „gute Lebensgewohnheiten“ wie das Abklopfen des Lendenbereichs und der Nieren zu beharren.
Profitieren können die Übenden auch von den 18 dargestellten Akupressurpunkten von Baihui bis Yongquan. Die skizzierten Abbildungen sind groß und deutlich. Leider fehlen die Wirkungsbeschreibungen und auch die genaue Bezeichnung der Aku-Punkte, wie es in den meisten hiesigen Qigong- Ausbildungen üblich ist.
So braucht man doch wieder, wenn man kein Fachmann ist, zusätzlich einen Akupunkturatlas um in Erfahrung zu bringen, dass mit dem Punkt Taixi der 3. Reizpunkt auf dem Nierenmeridian gemeint ist und die Massage dieses Punktes u.a. Lenden und Knie kräftigt.
Das Buch ist sicherlich eine Bereicherung für Kursleitende, die mit älteren Menschen arbeiten oder dies intensivieren wollen. Als Geschenk für ältere Menschen ist das Buch höchstens in Verbindung mit einem begleitenden Kursbesuch zu empfehlen.
Ralf Jakob